Sprungmarken
03.02.2020

Stadtbibliothek präsentiert Viebig-Roman als „Buch des Monats“

(pe) In der Reihe „Buch des Monats“ präsentiert die Stadtbibliothek Weberbach für Februar den Roman „Töchter von Hekuba“ der 1860 in Trier geborenen Schriftstellerin Clara Viebig. Sie war eine der erfolgreichsten deutschen Autorinnen ihrer Zeit, wie das Buch von 1917 belegt: Nur drei Jahre nach der Veröffentlichung erschien bereits die 44. Auflage. Dieser Erfolg hat auch mit den damals sehr bewegten politischen Zeiten zu tun.

Der Titel des Romans ist eine mythologische Referenz an Hekate/Hekuba, der letzten Königin von Troja – Urbild der kriegstraumatisierten Frauen und ein starker Protest gegen den Weltkrieg. Clara Viebig engagierte sich in der pazifistischen Bewegung nicht nur durch ihre Anti-Kriegsromane. Sie gehörte neben der Malerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz sowie der Politikerin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin zu dem deutschen Initiativkomitee des Antikriegskongresses in Amsterdam. Sie war unter anderem mit dem Schriftsteller und radikalen Kriegsgegner Arnim T. Wegner eng befreundet und teilte mit ihm die pazifistische Weltanschauung.

Das Jahr 1933 hatte für die beiden Schriftsteller dramatische Folgen. Armin T. Wegner richtete im April einen offenen Brief an Adolf Hitler, in dem er gegen die Judenverfolgungen protestierte. Kurz nach der Veröffentlichung wurde er inhaftiert. Viebigs Ehemann, der Verleger Friedrich Theodor Cohn, wurde wegen seiner jüdischen Herkunft gezwungen, seine Unternehmensanteile an die Deutsche Verlagsanstalt abzugeben. Ernst Viebig, einziger Sohn des Paares, musste als „Halbjude“ und KPD-Mitglied Deutschland verlassen. Er emigrierte nach Brasilien, kurz danach folgte seine Frau. Deren Kinder Susanne und Reinhart blieben zuerst bei den Großeltern in Berlin. 1936 starb der Ehemann der Schriftstellerin, kurz danach folgten die Enkelkinder ihren Eltern in die Emigration nach Brasilien.

Clara Viebig blieb allein in Deutschland zurück. Auch wegen des drohenden Kriegs hatte sie ihre Familie verloren. Die Nazi-Diktatur bedeutete das bittere Ende von Viebigs Karriere. Als Autorin kaum noch beachtet, starb sie 1952 in Berlin. Die in Trier geborene Schriftstellerin wurde selbst zu einer Tochter der Hekuba. Die Kritiker nannten sie „La Cassandra tedesca“, weil trotz großen Erfolgs der Romane ihre Friedensappelle genauso erfolglos geblieben waren wie die Weissagungen der mythischen Kassandra.

Ihre Verbindung zur Heimatstadt dokumentierte Clara Viebig eindrücklich in einem Text aus dem Novellenbuch „West und Ost“: „Die Glocke mit der mächtigsten Stimme hängt zu Trier; da ruft sie vom Dom, eine beredte Zeugin der uralt-eingesessenen, siegreichen Kirche. Und doch ist‘s nur ein Katzensprung von da zur Porta Nigra; Christentum und Heidentum treten sich in Trier fast auf die Füße. Ich habe mir just den schönsten Winkel der ganzen schönen Rheinlande zum Geborenwerden ausgesucht. In Trier, unweit der Poort, wie das Römertor im Volksmund heißt, stand meine Wiege; sie schaukelte im Takt mit den frommen Kirchenglocken, ich schlummerte süß bei deren Schall, und doch war ich ein Ketzerkind.“

Archiv

Pressemitteilungen nach Zeitraum filternZeige Artikel von


bis