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04.10.2022

Rat: Bürgerbegehren ist nicht zulässig

Exhaus-Gebäude und Hof
Zu einem Bürgerbegehren über die Sanierung des Exhaus-Gebäudes an der Zurmaiener Straße kommt es vorerst nicht.
Das Aktionsbündnis „Exhaus bleibt" wollte mit einem Bürgerbegehren die Sanierung des geschlossenen Jugend- und Kulturzentrums in der Zurmaiener Straße erwirken. Die für ein Bürgerbegehren notwendige Zahl an Unterschriften kam zusammen – doch das städtische Rechts
amt sah es aus mehreren rechtlichen Gründen als unzulässig an. Nun befasste sich der Stadtrat mit der Frage und entschied eindeutig.

Er folgte mehrheitlich der Verwaltungsvorlage, nach der das angestrebte Bürgerbegehren für unzulässig erklärt wird. 27 Ratsmitglieder stimmten dafür, neun dagegen und elf enthielten sich. In der Fraktion der Grünen gab es vier Nein-Stimmen und neun Enthaltungen. CDU, SPD, AfD, FDP und UBT stimmten geschlossen für die Vorlage, die Linke und „Die Fraktion" dagegen. Das parteilose Ratsmitglied Dr. Ingrid Moritz enthielt sich.

Das Rechtsamt kommt aus mehreren Gründen zu der Auffassung, dass das Bürgerbegehren unzulässig ist (die RaZ berichtete): So wurde unter anderem keine hinreichend konkrete Formulierung gewählt, die eine abschließende Sachentscheidung ermöglicht. Konkret: Mit der Fragestellung müsste genauer definiert werden, wie der spätere Ausbauzustand des Gebäudes sein soll – „Sanierung" ist ein sehr weiter Begriff. Zudem sieht das Rechtsamt Mängel in der Begründung, die nach seiner Einschätzung nicht ausreichend ist: So fehlen etwa Hinweise auf einen ungefähren Kostenrahmen der Sanierung und eine Begründung, warum die Angebote der Jugendhilfe „aus einer Hand" vorgehalten werden sollten. Irreführend sei der Hinweis, dass das Angebot der Jugendhilfe wiederhergestellt werden solle, obwohl es schon zu großen Teilen auf andere Träger und Standorte verteilt worden ist.

Das städtische Rechtsamt bewertet das Bürgerbegehren zudem als „kassatorisch": Da es die Übertragung der Jugendhilfeaufgaben an einen Träger fordert, würde es Beschlüsse des Stadtrats abändern, da dort Teile der Jugendhilfe anderweitig an verschiedene Träger vergeben wurden. Ein Beschluss des Stadtrats würde also durch das Bürgerbegehren „kassiert". Für ein solches „kassatorisches Bürgerbegehren" gilt eine Frist, die bereits abgelaufen ist.

Um einen qualifizierten Blick von außen auf den Vorgang zu erhalten, bat die Stadt eine Fachkanzlei aus Koblenz um Stellungnahme. Sie folgt im Großen und Ganzen der Argumentation des Rechtsamts und sieht das Bürgerbegehren als unzulässig an. Allerdings handele es sich um
einen „Grenzfall", bei dem ein Gericht anders entscheiden könne.

Dass sich ein Gericht mit der Frage beschäftigt, ist nicht ausgeschlossen: So kündigte Sabine Dengel vom Aktionsbündnis „Exhaus bleibt" im Stadtrat an, man behalte sich vor, bei Zustimmung zur Vorlage gegen den Stadtrat zu klagen. Auch das Aktionsbündnis habe sich Rechtsexpertise eingeholt, durch die es sich laut Dengel gestärkt fühlt. Das externe Gutachten der Stadt bezeichnete sie als „juristische Aufrüstung", da sich die Stadt ihrer eigenen Einschätzung offenbar nicht sicher sei. Sie bemängelte eine fehlende konstruktive Zusammenarbeit mit der Stadt.

Entscheidung mit Bauchschmerzen

Der Stadtrat zeigte sich in der Frage, ob das Exhaus-Bürgerbegehren zulässig ist oder nicht gespalten und diskutierte stellenweise kontrovers. Wolf Buchmann (Grüne) warf in der Debatte der Verwaltung eine „Verhinderungsprüfung" vor. Für den Stadtvorstand habe von Anfang festgestanden, das Bürgerbegehren zu verhindern. Er rief den Rat dazu auf, der Verwaltung zu zeigen, dass diese Art der rechtlichen Prüfung nicht gehe. Seine Fraktion werde sich enthalten oder gegen die Vorlage stimmen.

Norbert Freischmidt (CDU) sprach sich dafür aus, der Einschätzung des Rechtsamts zu folgen – auch wenn er damit Bauchschmerzen habe, wie er zugab. Er bemängelte eine fehlende Wertschätzung der Verwaltung für das bürgerschaftliche Engagement.

Auch die SPD folgte dem Vorschlag der Verwaltung – Sprecher Andreas Schleimer betonte zugleich: „Ja, das Exhaus muss saniert werden und der Komplex verdient eine gemeinnützige Nutzung. Aber das Bürgerbegehren ist rechtlich unzulässig."

Theresia Görgen (Linke) versuchte, die rechtlichen Argumente der Verwaltung zu entkräften. Sie rief den Rat dazu auf, sich nicht „auf dem dünnen Eis der Beschlussvorlage mitzubewegen." Entscheidend sei, ob den Bürgerinnen und Bürgern ihre Stimme vorenthalten werde oder nicht. Er könne den Frust verstehen, sagte Tobias Schneider (FDP). Dennoch stimme die FDP der Vorlage zu. Dass die Verwaltung mit Vorsatz etwas verhindere, wies er zurück und erinnerte an das vollzogene Bürgerbegehren zur Aral-Tankstelle 2017. „Die Verwaltung ist nicht mit dem Ziel unterwegs, Dinge zu verhindern", sagte Schneider in Richtung der Grünen.

Michael Frisch (AfD) lobte das Engagement des Bündnisses, ein Bürgerbegehren auf den Weg zu bringen. „Aber in einem Rechtsstaat gelten nun mal klar definierte Regeln und wir vertrauen dem Rechtsamt", machte Frisch deutlich.

Auch die UBT folgte der Verwaltungsvorlage. Dies bedeute aber nicht – so Christiane Probst – dass die Generalsanierung des Exhauses damit vom Tisch sei.

Laut Robin Schrecklinger (Die Fraktion) versuche die Verwaltung, „das Bürgerbegehren zu ersticken". Das angekündigte Abstimmungsverhalten der Grünen, sich größtenteils zu enthalten, verurteilte er scharf: „Die Grünen sollten sich schämen. Stimmt dafür oder dagegen, aber enthaltet euch nicht!" Einen gemeinsamen Alternativantrag der Fraktion „Die Fraktion" und der Linken, nach dem das Bürgerbegehren für zulässig erklärt wird, lehnte der Rat mit großer Mehrheit ab.

Björn Gutheil