Sprungmarken
08.10.2015 | Asyl

Gastfamilien für junge Flüchtlinge gesucht

Vorstellung des Modells der Gastfamilien
Achim Hettinger (Jugendamt), Reinhold Spitzley (Palais e.V.), Ministerin Irene Alt, Bürgermeisterin Angelika Birk, Sieglinde Schmitz (Don Bosco Helenenberg), Rudi Weber (Kreuznacher Diakonie) und Carsten Lang (Don Bosco Helenenberg, v. l.) stellen das Modell der Gastfamilien für unbegleitete Flüchtlinge vor.

In der Stadt Trier können Familien ab sofort für einen begrenzten Zeitraum unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufnehmen. Dieses neue Modell erläuterten auf einer gemeinsamen Pressekonferenz Integrationsministerin Irene Alt, Bürgermeisterin Angelika Birk, Mitarbeiter des Jugendamts und der beteiligten sozialen Träger.

„Wir haben ein wachsendes zivilgesellschaftliches Engagement bemerkt und gleichzeitig hat sich die Zahl der jungen Flüchtlinge erheblich erhöht. Da haben wir eine Lösung gesucht, die beides zusammenbringt.“ So erläutert Carsten Lang, Erziehungsleiter beim sozialen Träger Don Bosco Helenenberg, die Entstehung der Idee, junge minderjährige Flüchtlinge auch in Familien unterzubringen.

Gasteltern werden zunächst für einen Zeitraum von drei Monaten gesucht, der sogenannten Clearingphase. Junge Flüchtlinge, die ohne einen Erziehungsberechtigten in Deutschland einreisen, durchlaufen in dieser Zeit ein Verfahren: Sind sie tatsächlich minderjährig? Wie ist ihre Schulbildung und ihr Gesundheitszustand? Gibt es in Deutschland eventuell volljährige Verwandte, mit denen man sie zusammenführen könnte? Welche Pläne haben sie für ihre Zukunft, bezogen auf Schule, Ausbildung, Studium oder Arbeit? Das Jugendamt führt dieses Clearing-Verfahren gemeinsam mit verschiedenen sozialen Trägern durch: Das Jugendhilfezentrum Don Bosco Helenenberg und der Palais e. V. betreuen – zumeist in Wohngruppen – 15- bis 17-jährige Jungen, die Bad Kreuznacher Diakonie ist für Mädchen und jüngere Kinder zuständig.

Familien, die sich bereiterklären, einen jungen Flüchtling aufzunehmen, werden während der gesamten Dauer des Pflegeverhältnisses durch eine pädagogische Fachkraft begleitet. Voraussetzung für alle Interessierten ist, dass sie ein freies Zimmer haben, sich gerne Zeit für junge Menschen nehmen und auch bereit sind, sich mit verschiedenen Kulturen, Sprachen, Religionen und Gebräuchen auseinander zu setzen. Alle Gastfamilien durchlaufen zunächst ein standardisiertes Prüfverfahren, das das Kindeswohl im Auge hat. Nach der dreimonatigen Aufnahme während der Clearingphase ist es, nach Absprache mit dem Jugendamt, auch möglich, ein dauerhaftes Pflegeverhältnis zu begründen.

Karin Fetzer ist die erste Gastmutter in Trier. Sie betreut in ihrer Familie seit vier Wochen einen 16-jährigen Afghanen, der eine sechswöchige Flucht über den Balkan hinter sich hat. Langsam taue er auf, sei ein „motivierter, lieber Mensch“. „Sehr zeitintensiv“ sei die Betreuung, aber gewinnbringend für beide Seiten. Da seine große Leidenschaft der Fußball sei, trainiere er jetzt in einem örtlichen Verein. Die Zusammenarbeit mit der Stadt und den Trägern bewertet sie als professionell: „Die Pflegezeit ist sehr gut angelaufen und war sensibel von allen Beteiligten eingefädelt.“

Bereits 650 Jugendliche und Kinder durchliefen dieses Jahr ein Clearingverfahren, das das Schwerpunktjugendamt Trier zentral für ganz Rheinland-Pfalz durchführt. Nach Aussage von Ministerin Alt werden nun weitere Schwerpunktjugendämter in Koblenz, Kusel und Mainz-Bingen eingerichtet, mit zwei Kreisen laufen noch Verhandlungen. Im Landjugendamt verteilt eine neu eingerichtete zentrale Stelle die Jugendlichen. Damit wird auch auf eine Gesetzesänderung reagiert, die zum 1. November 2015 in Kraft tritt. Dann werden die Jugendlichen nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Für 2016 wird mit einer deutlichen höheren Zahl von 1200 zu betreuenden Jugendlichen und Kindern gerechnet.

  • Ansprechpartner: Alexa Lichter, Tel: 0151/40907839, E-Mail: alexa.lichter@helenenberg.de