Sprungmarken
20.05.2025

Wie kann eine klimaneutrale Wärmeversorgung in Trier funktionieren?

Eine Luftwärmepumpe steht auf einem Sockel vor einem Wohnhaus.
Luftwärmepumpen werden auch in Trier in den nächsten Jahrzehnten eine wichtige Rolle bei der dezentralen Versorgung mit Heizenergie spielen.

(kig) Auf der Tagesordnung der nächsten Stadtratssitzung am 21. Mai steht der Beschluss des Kommunalen Wärmeplans für Trier: Ein Gespräch mit den Projektleitern Michael Sohn (Stadt Trier) und Raphael Stott (Stadtwerke Trier) über das Szenario für eine klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2045.

Der Kommunale Wärmeplan liegt deutlich früher vor, als gesetzlich vorgeschrieben. Wie ist es gelungen, diesen Prozess so schnell abzuschließen? 

Michael Sohn: Das Wärmeplanungsgesetz des Bundes (WPG) definiert für größere Städte die Pflicht, bis zum Juni 2026 einen kommunalen Wärmeplan zu erstellen. In Trier waren wir allerdings schon früh an dem Thema dran. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine fasste der Stadtrat im September 2022 den Beschluss, den Wärmebedarf in Trier sukzessive aus erneuerbaren Energien zu decken, um die Abhängigkeit von fossilen Energieimporten zu reduzieren und die Bezahlbarkeit von Energie langfristig zu gewährleisten. Zusätzlich wurde die Stadtverwaltung beauftragt, die Aufstellung eines Wärmeplans einzuleiten. Auf dieser Grundlage haben wir uns auf den Prozess vorbereitet und die Arbeit zwischen der Stadtverwaltung und den Stadtwerken strukturiert. Als im Oktober 2023 die Förderzusage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz in Trier einging und der bundesgesetzliche Rahmen durch das WPG ab 1. Januar 2024 festgezurrt war, konnten wir unverzüglich in die Projektarbeit starten. Die gute und frühzeitige Vorbereitung hat maßgeblich dazu beigetragen, dass wir unseren Wärmeplan nun dem Stadtrat vorlegen können.

Die dezentrale Versorgung einzelner Wohnhäuser oder Häusergruppen mit Heizenergie wird laut Wärmeplan in den kommenden Jahrzehnten immer wichtiger. Welche Technologien stehen dafür zur Verfügung?

Raphael Stott: Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass in Trier insbesondere Wärmepumpensysteme zum Einsatz kommen werden. Diese können je nach Standortgegebenheiten auf unterschiedliche Wärmequellen zurückgreifen, wie etwa Außenluft, geothermische Systeme mittels Erdwärmesonden, Erdreichwärmetauscher, Grundwasser oder innovative Speichertechnologien wie Eisspeicher. Darüber hinaus können weitere Technologien eine Rolle spielen, wie zum Beispiel Solarthermieanlagen. Auch Wasserstofftechnologien sind grundsätzlich möglich. Die Auswahl obliegt in jedem Fall den jeweiligen Gebäudeeigentümern. 

Sind auch Holzpelletsheizungen im Zielszenario vorgesehen?

Stott: Biogene feste Brennstoffe wie Holzpellets gelten als erneuerbare Energien und können grundsätzlich zur Erfüllung der Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes beitragen, wenn definierte Effizienz- und Emissionsvorgaben eingehalten werden. Im Zielszenario der Stadt Trier ist der Energieträger Holz insgesamt mit rund elf Prozent berücksichtigt. Dieser Anteil umfasst sowohl Holzpellets als auch konventionelle Holzöfen.

Welche Kriterien und Voraussetzungen gibt es für Wärmenetze und welche Gebiete in Trier kommen dafür zum Beispiel in Frage?

Stott: Zu den Kriterien bei unserer Vorprüfung zählte die Verfügbarkeit geeigneter Potenzialflächen für zentrale Wärmeerzeugungsanlagen, die Flächennutzung, die Wärmedichte auf Ebene von Gebäudeblöcken oder Straßenzügen sowie das Vorhandensein von sogenannten Ankernutzern. Auf dieser Basis wurde eine erste Bewertung vorgenommen, in welchen Gebieten die grundlegenden technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für den Betrieb eines Wärmenetzes gegeben sein könnten. In Trier erfüllen insbesondere neue Quartiersprojekte wie das Gewerbegebiet ParQ54 diese Kriterien, aber auch der Augustinerhof oder ein Gebiet in Heiligkreuz sind grundsätzlich geeignet. Bis zur Realisierung eines Wärmenetzes sind jedoch mehrere Planungsschritte erforderlich, darunter eine Machbarkeitsstudie, um die konkreten technischen und wirtschaftlichen Eckdaten zu erhalten. Im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung ist ein derart vertiefter Planungsschritt nicht vorgesehen. Mit dem Wärmeplan wird ein Zielbild für die Wärmeversorgung in Trier im Jahr 2045 entwickelt, als Grundlage für nachgelagerte Planungen, die in den kommenden Jahren schrittweise konkretisiert und vertieft werden müssen.

Wie stehen die Chancen für eine Flusswasser-Wärmepumpe an der Mosel? Was könnte sie leisten?

Stott: Eine Flusswasser-Wärmepumpe an der Mosel ist grundsätzlich technisch machbar und eine vielversprechende Option für eine nachhaltige Wärmebereitstellung – insbesondere im Zusammenspiel mit Wärmenetzen. Sie kann große Wärmemengen effizient und klimafreundlich bereitstellen. Allerdings setzt die Umsetzung eine umfassende Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen, der Umweltverträglichkeit und der ökonomischen Machbarkeit voraus. Um die Möglichkeiten einer Umsetzung in Trier zu bewerten, setzen wir auch auf den Austausch mit anderen Kommunen, um aus deren Erfahrungen zu lernen und mögliche Synergien zu nutzen.

Vor allem im Stadtteil Ehrang/Quint soll Gas, in Form von regional erzeugtem Biomethan, weiter zum Einsatz kommen. Welche Hintergründe gibt es für diese Planung?

Stott: Für Ehrang/Quint haben wir nach einer praktikablen Lösung gesucht, die auf der nach der Flutkatastrophe im Juli 2021 vollständig erneuerten Infrastruktur der Gasversorgung aufbauen kann. Parallel dazu entwickeln wir im Energiepark Ehrang – auf dem Gelände des ehemaligen Klärwerks – eine dezentrale Produktion von grünem Gas. Die Kombination aus erneuerter Infrastruktur, strategisch günstiger Lage und vorhandenem Potenzial macht den Einsatz von regionalem Biomethan in diesem Gebiet besonders sinnvoll.

Ist die Kommunale Wärmeplanung mit dem Stadtratsbeschluss abgeschlossen?

Sohn: Nein, aber es ist ein wichtiger erster Schritt. Damit sichern wir die Fördermittel ab und erfüllen die gesetzliche Pflicht. Dieser Plan muss nun alle fünf Jahre fortgeschrieben werden. Unser Wärmeplan illustriert ein Zielszenario, wie Trier im Jahr 2045 treibhausgasneutral mit Wärme versorgt werden soll. Die Herausforderung ist gewaltig. Um das Ziel zu erreichen, haben wir verschiedene Maßnahmen formuliert. Sie reichen von der strukturierten Einbindung wichtiger Akteure wie der Kreishandwerkerschaft, der Kammern und der lokalen Unternehmen über eine Machbarkeitsstudie zur Nutzung von Flusswasserwärme bis hin zur Erstellung von Transformationsplänen für bestehende Netze. Über den Fortschritt wird regelmäßig im Umwelt- und Hauptausschuss berichtet. Die Wärmeplanung für Trier genießt somit auch nach dem Beschluss des Stadtrates Priorität.