Sprungmarken
07.07.2020

Podcast erinnert an Stefan Andres

(pe) Nach dem Podcast über Jean-Paul Sartre im Juni stellt die wissenschaftliche Bibliothek der Stadt Trier in ihrer Reihe mit Stefan Andres einen weiteren Schriftsteller des 20. Jahrhunderts vor. Im Unterschied zu dem französischen Kollegen spielt in seinem Werk die Liebe zur Heimat eine zentrale Rolle. „Trier braucht Sie so dringend, und wenn nicht Trier allein und für immer, dann Deutschland oder das, was einmal Deutschland sein wird.“ Das schrieb der Trierer Verkehrsdirektor Wilhelm Bracht am 5. Mai 1946 an Stefan Andres in dessen selbstgewähltes Exil im italienischen Positano. Es vergingen noch zwei Jahre bis Andres nach Trier kam: Am 15. Juli 1948 las er im kleinen Saal der Treveris aus seinen Werken. 1950 ließ er sich wieder in Deutschland nieder.

Stefan Andres wurde am 26. Juni 1906 in Dhrönchen (Gemeinde Trittenheim) geboren. In seiner Kindheit und Jugend lebte er in Schweich, studierte später Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie in Köln, Jena und Berlin. 1932 heiratete er die Medizinstudentin Dorothee Freudiger. Er gab sein Studium auf und wurde freier Schriftsteller. Für seinen ersten, Roman, „Bruder Lucifer“ erhielt er ein Stipendium und reiste nach Italien. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten verschlechterte sich die Lage der jungen Familie: Dorothee Andres war jüdischer Herkunft. Der Autor wollte aber den rassischen Nachweis für seine Frau nicht erbringen, denn dann hätten sie sich scheiden lassen müssen. Daher verlor er seine Stelle am Kölner Rundfunk und zog 1937 mit seiner Familie ins italienische Positano. Dort konnte er intensiv arbeiten und schrieb unter anderem 1942 die Novelle „Wir sind Utopia“, die mehrmals verfilmt wurde. Die zwölf Jahre in Positano gehören zur fruchtbarsten Zeit seines literarischen Schaffens. Im Exil gingen die Erinnerungen des Autors oft zurück an die Mosel. 1940 schreib er aus Rom: „Trier, ja ich liebe diese Stadt und doch ersticke ich fast bei dem Gedanken, dort auch nur die Hälfte des Jahres zu wohnen, mit welchem Gedanke ich z.Zt. spiele. Es fehlen meines Erachtens ein halbes Dutzend wirkliche Künstler, die den Dunstschleier über der Stadt zerteilen“.

Acht Jahre später besuchte Andres nochmal die Orte seiner Kindheit: „Warum gerade diese Stadt, welche die dichteste antike Atmosphäre nördlich der Alpen hat, sich derart feindselig gegen die Grundforderungen des Humanismus verhielt?“ In dem Merian-Heft zu Trier von 1949 äußert er sich sehr persönlich über die Stadt: „Und dann der letzte Krieg, der mit dem grausamen Gesicht Dschingis Khans, die Exaktheit der antlitzlosen Maschine, der Mathematik verband. Aber – es grenzt ans Wunderbare: noch steht sie, die erhabene Stadt der Trierer. Ihr Antlitz bleibt unverwandelt, wieviel Wunden es auch aufzeigt, denn was Stadt ausmacht, ist nicht so sehr die Erinnerungen in Stein als jede unzerstörbare in den Herzen und Gehirnen.“ Nach seiner Rückkehr aus dem Exil erhielt Andres viele Auszeichnungen, darunter 1952 den Literaturpreis Rheinland-Pfalz. 1961 verließ Stefan Andres erneut die Heimat und ließ sich in Rom nieder, wo er vor 50 Jahren starb. Der Podcast ist online verfügbar: www.stadtbibliothek-weberbach.de/aktuelles/podcast-buch-des-monats/.

Archiv

Pressemitteilungen nach Zeitraum filternZeige Artikel von


bis