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25.10.2016

Weniger lebensgefährliche Lecks in den Gefäßen

Professor Winfried A. Willinek (l.) und Professor Detlef Ockert erklären, wie die Gefäßaussackung mit Polymerschaum aufgefüllt wird
Professor Winfried A. Willinek (l.) und Professor Detlef Ockert präsentieren das Modell der Prothese und erklären, wie die Gefäßaussackung mit Polymerschaum aufgefüllt wird. Foto: Brüderkrankenhaus
Im Brüderkrankenhaus wurde erstmals eine Aortenprothese mit Polymerschaum ummantelt. Das neuartige Verfahren verspricht Patienten mit einer gefährlichen Gefäßerweiterung (Aneurysma) einen noch größeren und langfristigeren Therapieerfolg. Ab dem 65. Lebensjahr steigt das Risiko für diese Erkrankung deutlich an. Häufig wird ein Aneurysma erst durch einen Zufallsbefund diagnostiziert. 

Im Zentrum für Gefäßmedizin füllten die Mediziner nach der Implantation einer Aortenprothese den umgebenden Hohlraum mit Polymerschaum auf. Der in einer halben Minute erkaltete und gehärtete Kunststoff dichtet dessen Gefäßwände ab und stellt sicher, dass kein Blut mehr in das erweiterte Gefäß einsickert. Die Oberärzte Dr. Holger Grell und Dr. Ulrich Seider beseitigten bei einem Patienten die akute Gefahr, dass das Aneurysma platzt. Sie setzten dem 78-Jährigen ein Implantat zum Offenhalten von Gefäßen (Stent) ein und überbrückten den gefährlich erweiterten Abschnitt der Bauchschlagader. Um sicherzustellen, dass der Hohlraum um die Gefäßstütze herum sich nicht wieder mit Blut füllt, wandten Grell und Seider das neue Verfahren an.

Nach Ansicht von Professor Winfried A. Willinek, Chefarzt im Zentrum für Radiologie, Neuroradiologie, Sonographie und Nuklearmedizin, birgt das Auffüllen mit Polymerschaum große Chancen. Die Patienten sind bereits wegen ihres meist fortgeschrittenen Alters sowie Vor- und Begleiterkrankungen einer großen Belastung ausgesetzt. Daher setzen die Mediziner auf ein besonders schonendes Vorgehen: Der Einsatz des Stents und das Auffüllen der Gefäßaussackung mit Polymerschaum erfolgen über Katheter. „Der Kunststoff verhindert, dass über winzige Arterien oder Lecks in der Gefäßwand noch kleine Mengen Bluts in die Aussackung einsickern und sich trotz Stent wieder ein Aneurysma bildet, das sich dann nur noch operativ behandeln ließe“, erläutert Willinek.

Da der flüssige Polymerschaum in 30 Sekunden in einen festen Zustand übergeht, durfte keine Zeit verloren werden. Schnellstmöglich musste der Kunststoff in die Aussackung gefüllt und verhindert werden, dass der gerade eingesetzte Stent beim Auffüllen verrutscht. Wäre der Schaum erkaltet, wäre eine Neupositionierung der Aortenprothese nicht mehr möglich gewesen und eine OP unumgänglich. Die Mediziner zeigten sich mit dem Eingriff zufrieden. Bereits zwei Tage später konnte der Patient nach Hause. Zudem wurde verhindert, dass sich an gleicher Stelle erneut ein Aneurysma bildet. Das Risiko tendiert nach Einschätzung der Experten gegen Null.