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16.01.2018

Verbrechen wirken bis heute nach

Historiker Matthias Klein (2. v. r.) erläutert Besuchern der Ausstellungseröffnung eine Schautafel zur Aussortierung von Kranken
Historiker Matthias Klein (2. v. r.) erläutert VHS-Leiter Rudolf Fries (2. v. l.), Markus Leineweber, Hausoberer des Brüderkrankenhauses (3. v. l.), und weiteren Besuchern der Ausstellungseröffnung eine Schautafel zur Aussortierung von Kranken.
Ein Schuhmacher litt an Parkinson, wurde in eine NS-„Heil- und Pflegeanstalt“ eingewiesen und 1940 ermordet. Nach 1945 verweigerten die Behörden der Familie eine Entschädigung. An diesem und weiteren Beispielen zeigt die Ausstellung „Die nationalsozialistischen ,Euthanasie‘-Morde“ bei der VHS, wie perfide das NS-Regime nicht nur psychisch kranke Menschen vernichtete. Die Verbrechen wirken teilweise bis heute nach. 

Die Forscher, die die Ausstellung im Auftrag der Berliner Stiftung Topographie des Terrors konzipiert haben,  zeigen, das viele der in die Verbrechen verwickelten Ärzte in der Nachkriegszeit ungehindert Karriere machen konnten. Auf der anderen Seite wurden viele Überlebende auch wegen der gesellschaftlichen Verdrängung des Themas mit den oft schwerwiegenden körperlichen und seelischen Folgen alleingelassen und kämpften mit ihren Angehörigen meist vergeblich um eine Entschädigung oder eine Opferrente.

Mit der Ausstellung, die bis 9. Februar zu sehen ist, leiten die VHS und die AG Frieden ihr gemeinsames Programm rund um den nationalen Gedenktag für die Opfer des NS-Regimes am 27. Januar ein. VHS-Chef Rudolf Fries zeigte sich erfreut, dass trotz des frühen Termins im neuen Jahr der Saal gut besetzt war. Für die Ausstellung sieht er gute Chancen, ein breites Publikum anzusprechen: Nach einer Zählung kommen jeden Werktag rund 400 Besucher in das Foyer.

Ein weiteres Grußwort bei der Eröffnung sprach Markus Leineweber, Hausoberer im Brüderkrankenhaus. Seine Klinik war früher auch eine „Heil- und Pflegeanstalt“ für psychisch Kranke. Von dort aus wurden Patienten in andere Einrichtungen gebracht, wo sie unter dubiosen Umständen starben, getötet oder in Vernichtungslager gebracht wurden. „Wir stellen uns unserer Vergangenheit und setzen uns für eine intensive Auseinandersetzung damit ein. Nur dann kann man in der Gegenwart gefährliche Zeichen früh genug erkennen“, betonte Leineweber. Ähnlich äußerte sich Thomas Zuche (AG Frieden) in seinem Grußwort.

Die Wanderausstellung der Stiftung Topographie des Terrors geht auch auf die Vorgeschichte ein und beschreibt die besondere Bedeutung der Organisationszentrale in der Berliner Tiergartenstraße 4. Deswegen wird die Schau teilweise auch unter dem Kürzel T 4 präsentiert.

 
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