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03.10.2017

Tanke ja oder nein? Die Trierer stimmen ab

Am 10. Dezember entscheiden die Bürger

Premiere für Trier: Erstmals wird es einen Bürgerentscheid geben. Darin geht es darum, ob der Pachtvertrag für die Aral-Tankstelle in der Ostallee verlängert werden soll oder nicht. Ein Kompromiss dazu ist im Stadtrat gescheitert.

Mitten im Advent dürfen die Trierer noch einmal an die Wahlurnen. Am 10. Dezember können sie ein Kreuzchen bei Ja oder Nein machen auf die Frage: „Soll der Stadtvorstand der Stadt Trier den Pachtvertrag der Tankstelle Ostallee (Grundstück Gemarkung Trier, Flur 15 Nr. 218/5) um zehn Jahre plus einer Option auf weitere 5 Jahre verlängern?“ Eigentlich läuft dieser Pachtvertrag Ende des Jahres aus. Das wurde so 2012 zuletzt vom Stadtrat beschlossen. Der BP- Konzern, zu dem Aral gehört, müsste die Tankstelle auf dem Grünstreifen zwischen Ostallee und Balduinstraße dann abreißen und der Stadt Trier 200.000 Euro dafür zur Verfügung stellen, damit der Grünstreifen umgestaltet werden kann.

Aus Sicht des Stadtvorstandes spricht vieles für den Abriss der Tankstelle im Alleenring, der als historische Parkanalage denkmalgeschützt ist. In allen städtebaulichen Planungen für die Innenstadt, in Bürgergutachten, im Mobilitätskonzept und im Radverkehrskonzept spiele der Lückenschluss des Grüngürtels um die Innenstadt eine zentrale Rolle. Gegen diesen Beschluss des Stadtrates hatte sich aber Widerstand in der Bevölkerung geregt. Die beiden Trierer Markus Römer und Michael Schmitt hatten ein Bürgerbegehren initiiert und dafür deutlich mehr also die nötige Zahl von über 4241 Unterschriften gesammelt. Sie wollen, dass der Pachtvertrag verlängert wird und begründeten dies in der Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstagabend unter anderem mit den Einnahmen, die die Stadt durch Pacht und Gewerbesteuer erziele. Außerdem habe die rund um die Uhr geöffnete Tankstelle eine wichtige Funktion in der Nahversorgung.

Einen Kompromiss zwischen beiden Positionen hatte Baudezernent An- dreas Ludwig mit Rückendeckung des Stadtvorstandes auf den Weg gebracht: Dem BP-Konzern sollte ein Grundstück der Stadtwerke in der Ostallee nahe dem Alleencenter angeboten werden. Dorthin hätte die Tankstelle verlegt werden können.  Ein halbes Jahr wollte sich Ludwig Zeit nehmen, dies zu prüfen, ein Jahr lang hätte der Pachtvertrag verlängert werden sollen. Wäre der Kompromiss gescheitert, hätte es ebenfalls einen Bürgerentscheid gegeben.

Die Kompromisslösung fand allerdings im Stadtrat nach intensiver Debatte keine Mehrheit. Der Antrag wurde mit 27 zu 25 Stimmen abgelehnt. CDU (17 Stimmen), Unabhängige Bürgervertretung (4), FDP (2), Piraten (1) sowie der Stadtvorstand waren für den Kompromiss. SPD (14), Grüne (9), Linke (3) und AfD (1) waren dagegen. Anschließend stimmte der Stadtrat einstimmig dafür, am Sonntag, 10. Dezember, Triers ersten Bürgerentscheid zu machen.

Nach derzeitigem Stand sind dann 86.205 Trierinnen und Trierer wahlberechtigt. Im Gegensatz zur Bundestagswahl dürfen auch EU-Bürger mit abstimmen. Dabei geht es nicht um eine echte Mehrheit, also die Hälfte der Wahlberechtigten. Vielmehr ist der Bürgerentscheid angenommen, wenn 15 Prozent der Wahlberechtigten zustimmen, das sind 12.930 Stimmen.


Stimmen der Fraktionen: Hier der Grünzug, da die Pacht

Gehört eine Tankstelle in den Alleenring? Ist ein geschlossener Grüngürtel rund um die City in einer Denkmalzone wichtiger als die Versorgung mit Lebensmitteln in der Innenstadt rund um die Uhr? Um diese Fragen drehte sich am Donnerstagabend eine intensive und emotionale Debatte im Trierer Stadtrat. Am Ende stand eine Premiere für Trier.

Am 10. Dezember, dem zweiten Adventssonntag also, kommt es in Trier nach der Bundestagswahl und der Wahl des Jugendparlaments im November zur dritten Wahl in diesem Jahr: Die Triererinnen und Trierer sind dann eingeladen, bei einem Bürger-entscheid ihre Stimme abzugeben. Solch ein Bürgerentscheid ist eine Premiere für Trier. Soll der Pachtvertrag für die Tankstelle in der Ostallee über den 31. Dezember 2017 hinaus um zehn Jahre plus Option auf weitere fünf Jahre verlängert werden oder nicht? Diese Frage steht zur Abstimmung. Eine heftige Debatte um einen Kompromissvorschlag ging dem Beschluss zum Bürgerentscheid voran. Die Rathaus Zeitung dokumentiert die wichtigsten Redebeiträge.

Markus RömerMarkus Römer, einer der beiden Initiatoren des Bürgerbegehrens, durfte vor dem Stadtrat seine Initiative begründen. Hauptgrund, für den Erhalt der Tankstelle zu sein, sei nicht das Tanken oder das Pizza kaufen, sondern der „unverantwortliche Umgang mit unseren Geldern“, sagte Römer. Die Stadt erziele Pachteinnahmen und Gewerbesteuer durch die Tankstelle. Bei der Pro-Kopf-Verschuldung liege Trier bundesweit ganz vorne. Römer: „Vor diesem Hintergrund wollen Sie eine Einnahmequelle trockenlegen?“ Es gebe bisher auch keine Planung, wie die Allee ohne Blaue Lagune aussehen solle, kritisierte Römer. Zudem gehe es auch um die Nahversorgung, sagte er mit Blick auf die rund um die Uhr geöffnete Tankstelle. „Wer in der Innenstadt lebt und kein Auto benutzt, ist auf diese Möglichkeit angewiesen.“

Baudezernent Andreas Ludwig wies die Vorwürfe, es gebe keine Planung, entschieden zurück. Außerdem verwies er auf zahlreiche, auch mit Bürgerbeteiligung entstandene Konzepte, die alle den Wegfall der Tankstelle vorsähen, darunter das Altstadtkonzept, das Mobilitätskonzept und das Radverkehrskonzept. „Eine Tankstelle ist an diesem Standort an der falschen Stelle.“ Blicke man nur auf die Einnahmen, dann könne man auch den Palastgarten verkaufen, meinte Ludwig und fragte: „Was ist uns das Grün in der Stadt wert?“ Der Stadtvorstand stehe zum Beschluss des Stadtrates, dass der Pachtvertrag zum Jahresende auslaufen solle. Weil ihm die insgesamt rund 6000 Bürger aber wichtig seien, die sich für das Bürgerbegehren ausgesprochen hatten, hatte Ludwig eine Kompromisslösung vorgeschlagen, die in einem gemeinsamen Antrag von CDU, UBT und FDP formuliert wurde. Man könne den Vertrag bis Ende 2018 verlängern und bis Mitte 2018 gemeinsam mit BP und den Stadtwerken herausfinden, ob eine Verlagerung auf ein SWT-Grundstück am Alleencenter möglich sei.

Thomas AlbrechtFür die CDU sagte Thomas Albrecht, generell würden bei der Abwägung zwischen Grün am Alleenring und den städtischen Einnahmen durch die Tankstelle letztere für seine Fraktion den Ausschlag geben. Er sei aber Ludwig dankbar für den Kompromissvorschlag, sagte Albrecht und warb bei den anderen Fraktionen für Zustimmung. Für eine Verlagerung seien viele offene Fragen zu klären. „Es entsteht keinerlei Schaden, wenn wir die Entscheidung ein halbes Jahr verschieben“, sagte Albrecht.

Rainer LehnartRainer Lehnart (SPD) wehrte sich namens seiner Fraktion gegen „die Verlängerung der Verlängerung der Verlängerung“ des Pachtvertrags und lehnte daher auch den Kompromiss ab. Wolle man als Stadtrat glaubwürdig bleiben, dann müsse man zum Ende der Tankstelle stehen. Würde man nur an die Einnahmen denken, „dann hätten wir in der Innenstadt keinen der Plätze autofrei gemacht, denn die haben auch Einnahmen gebracht.“

Wolf BuchmannWolf Buchmann von Bündnis 90/Die Grünen wies darauf hin, dass die 6000 Unterschriften nicht das Votum des Volkes seien, sondern immer noch nur die einer Gruppe. Es sei an der Zeit, dass es nun zu einer Entscheidung komme, die alle Trierer treffen sollten. Demokratie lebe zwar vom Kompromiss, aber BP habe sich „in den vergangenen fünf Jahren nicht gerührt und gekümmert“, daher habe auch ein weiteres halbes Jahr an Verhandlungen keinen Sinn.

Christiane ProbstFür Christiane Probst von der Unabhängigen Bürgerbewegung Trier (UBT) lag der Fokus wie bei der CDU auf der Einnahmeseite. Man begrüße einen Bürgerentscheid und werde das Ergebnis in jedem Fall akzeptieren. Sie sprach sich für den Kompromissvorschlag einer Verlagerung aus, weil man damit die Einnahmen bis zur abgeschlossenen Prüfung oder dem eventuellen Umzug der Tankstelle sicherstellen könne.

Mateusz BuraczykMateusz Buraczyk (Linke) sprach sich gegen den Kompromiss aus, weil dieser zu viele offene Fragen habe. Die Tankstelle solle aus Sicht seiner Fraktion erhalten bleiben, die Zahl der Zapfsäulen auf ein Minimum reduziert werden und die Tankstelle dann wegen des städtebaulichen Arguments nach zehn oder 15 Jahren endgültig verschwinden. „Wir sind schon immer für direkte Demokratie gewesen“, sagte er und forderte, den Trierern direkt selbst die Entscheidung zu überlassen.

Michael FrischMichael Frisch (AfD) plädierte für den Erhalt der Aral-Tankstelle. „Auch bei einem Wegfall wird aus dem Grünstreifen keine grüne Lunge.“ 6000 Unterschriften seien zwar viel, aber keine Mehrheit, deshalb gebe es „nur eine akzeptable Lösung: den Bürgerentscheid“. Den Kompromiss lehnte er mit Verweis auf „unlösbare verkehrstechnische Probleme“ ab.

Tobias SchneiderTobias Schneider von der FDP wollte ebenfalls nicht auf die Pachteinnahmen der Tankstelle verzichten. Die Aral haben zum Tanken eine perfekte Lage. Er könne nicht verstehen, dass man einen gut gehenden Wirtschaftsbetrieb zerstören und Menschen ihren Arbeitsplatz wegnehmen wolle. Er dankte Andreas Ludwig für die vorgeschlagene Kompromisslösung, die geprüft werden solle.

Darja HenselerDarja Henseler von den Piraten lobte ebenfalls den Kompromissvorschlag. Die Tankstelle komme dann möglicherweise aus dem Grüngürtel heraus und die Einnahmen blieben trotzdem erhalten.

Bei der Abstimmung unterlagen schließlich die Kompromissbefürworter. Die Bürger haben nun die Wahl. Die Vorbereitungen dazu in der Stadtverwaltung und die Suche nach Wahlhelfern für den 10. Dezember haben bereits begonnen.