Sprungmarken
13.03.2018

Eine Kämpferin mit tragischem Schicksal

Titelmotiv der Biografie "Lady Liberty" von Eva Weissweiler.
Titelmotiv der Biografie "Lady Liberty" von Eva Weissweiler.

Die jüngste Tochter von Karl Marx, Eleanor, gilt als die beste Kennerin des Werks ihres Vaters und prägte durch ihre Übersetzungen das heutige Marx-Bild entscheidend mit. In einem demnächst erscheinenden Buch, das am 22. März in Trier vorgestellt wird, beleuchtet die Autorin Eva Weissweiler das bewegte Leben von Eleanor, das tragisch endete. In der Rathaus Zeitung gibt sie bereits einen Vorgeschmack.

Jenny Julia Eleanor Marx, genannt „Tussy" oder „Lady Liberty", wurde bisher hauptsächlich als „Vatertochter" abgehandelt und ist als Politikerin und Autorin noch zu entdecken. Sie stand an der Spitze der frühen englischen Gewerkschaftsbewegung, kämpfte für die Rechte der Arbeiterinnen, den Achtstundentag, für die allgemeine Schulpflicht und vor allem gegen die Kinderarbeit, die damals in England noch weit verbreitet war. Wenn sie auch viele Thesen ihres Vaters übernahm und sich leidenschaftlich für die Verbreitung seiner Werke einsetzte, ging sie doch auch ihre eigenen Wege, vor allem in der sogenannten „Judenfrage". Sie identifizierte sich – anders als er – mit ihrer jüdischen Herkunft, lernte Jiddisch, hatte viele jüdische Freundinnen und Freunde und wurde zur Führerin der ostjüdischen Arbeiter im Londoner East End, die sie liebevoll „our mother" nannten.

Auf sozialistischen Kongressen musste sie jedoch immer wieder erfahren, dass es auch Antisemitismus in den eigenen Reihen gab und dass führende Genossen, darunter Wilhelm Liebknecht und August Bebel, der „Judenfrage" genauso ablehnend gegenüberstanden wie der „Frauenfrage", da diese sich beide nach dem Sieg über den Kapitalismus erledigen würden. Daher wurde auch ein Kampf um das Frauenwahlrecht abgelehnt.

Im Milieu der Sozialistischen Internationale aufgewachsen, schrieb Eleanor Marx viele Artikel in englischen, deutschen und französischen Zeitschriften, ob über nationale Befreiungsbewegungen in Russland und Irland, die Pariser Kommune, die Arbeiterklasse in Amerika oder die Geschichte der englischen Arbeiterbewegung. Außerdem übersetzte sie norwegische und französische Literatur ins Englische, darunter Dramen von Henrik Ibsen und Gustave Flauberts „Madame Bovary". Auf Kongressen war sie eine gefragte Simultan-Übersetzerin, die allerdings auch sehr streitbar war und sich besonders gern mit den „Anarchisten" anlegte.

Obwohl diese gutaussehende Frau extrem beliebt war und sogar von ihren Feinden als brillante politische Rednerin respektiert wurde, litt sie seit ihrer Jugend unter immer wiederkehrenden Depressionen, für die es damals noch keine Heilung gab. Ihre langjährige Beziehung zu dem englischen Naturwissenschaftler, Theaterautor und Sozialisten Edward Aveling war sehr unglücklich. Er betrog sie, machte Schulden und demütigte sie in der sozialistischen Welt. Nach dem Tod ihres väterlichen Freundes Friedrich Engels musste sie sich einem zermürbenden Kampf um den väterlichen Nachlass stellen, den August Bebel ihr zu entziehen und der Sozialdemokratischen Partei zu sichern gedachte. Erschöpft von all diesen Krisen und Katastrophen setzte sie ihrem Leben am 31. März 1898 mit erst 43 Jahren ein Ende. An der Trauerfeier an der Londoner Necropolis Station nahmen Sozialisten und Sozialistinnen aus der ganzen Welt teil.

  • Eva Weissweiler: „Lady Liberty – Das Leben der jüngsten Marx-Tochter Eleanor", erscheint im März im Verlag Hoffmann und Campe.
  • Termin: „Die Frauen-, die Juden- und die Klassenfrage – Leben und Werk von Eleanor Marx", Buchpräsentation mit Vortrag von Eva Weissweiler im Rahmen des Programms zum Weltfrauentag am Donnerstag, 22. März, 19.30 Uhr, Verwaltung Karl-Marx-Haus, Brückenstraße 5. Anmeldung per E-Mail: Karl-Marx-Haus@fes.de.