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07.02.2017 | Barrierefreies Trier

Eine Stadt für alle Menschen

Bronzemodell vor Porta Nigra
Das Bronzemodell der Porta Nigra von Egbert Broerken (Foto oben) zum Fühlen und Begreifen richtet sich nicht nur an Sehbehinderte.
Wer in Trier mit dem Rollator, im Rollstuhl oder auch nur mit dem Kinderwagen unterwegs ist, kennt viele Hürden: unter anderem hohe Bordsteine, Kopfsteinpflaster und Stufen. Barrieren existieren aber auch in den Köpfen, wenn bei Planungen die Bedürfnisse Behinderter schlicht vergessen werden. Als Grundlage für Verbesserungen hat die Universität nun eine Studie zur „Barrierefreien Freizeitgestaltung in der Stadt Trier“ vorgestellt.

Ein Jahr lang hat eine Gruppe Studierender des Fachs Angewandte Humangeographie unter der Leitung von Diplomgeographin Julia Hollweg die Barrierefreiheit in Trier untersucht, in enger Zusammenarbeit mit dem Behindertenbeirat der Stadt. Sie richteten ihren Blick insbesondere auf Behinderte und die Schwierigkeiten, denen diese im Alltag begegnen, beispielsweise beim Busfahren, im Restaurant oder beim Museumsbesuch.

„Es gibt Barrieren wie fehlende Rampen, aber auch Texte in unverständlicher Sprache und digitale Barrieren“, zeigte Hollweg die Bandbreite der Thematik auf. In sieben Arbeitsgruppen untersuchten die Studierenden die Felder Mobilität, Einkaufen, Arztpraxen, Gastronomie, kulturelle Einrichtungen, Natur und Vereine, befragten Betroffene und begaben sich mit Hilfsmitteln selbst in die Rolle von Seh-, Hör- und Gehbehinderten. Auf dieser Grundlage kartierten sie die Stadt und markierten kritische Stellen.

Als Beispiele für gelungene Barrierefreiheit nannte die Wissenschaftlerin die Bronzemodelle der Porta Nigra und des römischen Triers, die sich sowohl an Blinde als auch an Sehende richten, die neue Rampe, über die Rollstuhlfahrer und Eltern mit Kinderwagen gefahrlos auf den Porta Nigra-Platz gelangen, und die neue Pflasterung der Simeonstraße. „Bei Neubau und Sanierung dürfen keine neuen Barrieren errichtet und alte müssen minimiert oder abgebaut werden“, zog Hollweg ein Fazit. Gleichzeitig gelte es, mentale Barrieren zu überwinden: „Beim Planen, Handeln und Denken müssen immer alle Menschen mit einbezogen werden.“

„Natürlich will der Denkmalschutz für die Simeonstraße ein mittelalterlich anmutendes Pflaster, aber für Menschen im Rollstuhl ist das die Hölle“, wies Oberbürgermeister Wolfram Leibe auf Konflikte in der Praxis hin. Es komme in solchen Fällen darauf an, die Bedürfnisse beider Seiten im Auge zu haben. „Mit der Studie haben wir dafür eine weitere Grundlage, zusammen mit dem Inklusionskonzept der Stadt“, freute sich das Stadtoberhaupt. „Barrierefreiheit ist ein gesamtstädtisches Thema, wir als Stadtverwaltung haben aber die Pflicht, mit gutem Beispiel voranzugehen“, befand der OB.

Oberbürgermeister Leibe erläuterte, dass das Thema systematisch in alle Dezernate und Ämter getragen werde, um die Rathausmitarbeiter zu sensibilisieren. Dass dies gelingen kann, hat Julia Hollweg am Beispiel ihrer Studierenden erfahren, von denen viele vorher keinen Kontakt zu Behinderten hatten. Sie nehmen als zukünftige Planer die erworbene Sensibilität in ihre späteren Arbeitsstellen mit.

Die Studie ist auf der Webseite der Universität Trier zu finden: www.uni-trier.de/index.php?id=61252.