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06.05.2014

Bekenntnis zur Unschuld der Opfer

OB Klaus Jensen begrüßt die Teilnehmer. Foto: Rolf Lorig
Sehr gut besucht war der Gedenkakt für die Opfer der Hexenprozesse in der Stadtbibliothek mit Ansprachen und Referaten von OB Klaus Jensen (am Rednerpult), Rita Voltmer und Gunther Franz (1. Reihe, v. r.).
Die Stadt Trier hat erstmals mit einer Gedenkfeier an die Opfer der Hexenverfolgungen im späten 16. Jahrhundert erinnert. „Wir wollen heute ein eindeutiges Bekenntnis zur Unschuld der Opfer des Hexenwahns ablegen“, erklärte OB Klaus Jensen vor rund 200 Gästen im voll besetzten Lesesaal der Stadtbibliothek Weberbach. Mit einem Besuch des Grabs von Friedrich Spee würdigte die Stadtspitze zugleich einen der mutigsten zeitgenössischen Gegner der Hexenprozesse.

Materielle Not nach einer Serie von Missernten, durch verblendete Prediger angestachelter religiöser Fanatismus, aber auch simple Habgier waren nach Einschätzung von Dr. Rita Voltmer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Geschichtliche Landeskunde der Universität Trier, die Auslöser für den Hexenwahn im Raum Trier. Zwischen 1585 und 1595 wurden mehrere hundert unschuldige Frauen und Männer der Hexerei beschuldigt und verbrannt. Den Hinrichtungen gingen zumeist grausame Folterungen voran, um Geständnisse und neue Denunziationen zu erpressen.

Abgesehen von dem berühmten Fall des Richters Dietrich Flade und einiger anderer verurteilter Trierer Ratsherren sind die Namen der Opfer nicht bekannt. „Die Hinrichtung als vermeintlicher Zauberer oder als vermeintliche Hexe war als schmählicher Akt der Auslöschung gedacht und bedeutete, aus der Erinnerung der jeweiligen Gegenwart und damit auch der Zukunft gestrichen zu werden“, erklärte Voltmer in ihrem Referat „Gegen das Vergessen – Opfer und Täter der Trierer Hexenverfolgungen“.

Es sei ein persönlich tief empfundenes Anliegen, das Leid dieser Opfer wieder ins Gedächtnis zu rufen, betonte Jensen. Es gehe „um die öffentliche Rückbesinnung auf geschehenes Unrecht, um die Vergegenwärtigung menschlicher Not und damit auch um die Stärkung von Recht, Solidarität und Menschlichkeit für unsere eigene Zeit. Wir wollen die Gräuel des Hexenwahns in der öffentlichen Erinnerung bewahren und das Bewusstsein für die Zerbrechlichkeit der gesellschaftlichen Ordnung insgesamt wachhalten.“ Im Sinne einer dauerhaften Rehabilitierung der Verfolgten plädierte Jensen für eine gemeinschaftliche „Kultur der Erinnerung“.

Ein Prophet der Humanität

Nachdem der Gedenkakt mit dem Filmausschnitt einer szenischen Aufführung der Komposition „Der Richter muss brennen“ von Joachim Reidenbach ausgeklungen war, besuchten OB Jensen, Bürgermeisterin Angelika Birk und zahlreiche weitere Teilnehmer in der Gruft des Priesterseminars das Grab des 1635 in Trier verstorbenen Jesuiten Friedrich Spee, der in seiner Schrift „Cautio criminalis“ die unmenschliche Praxis der Hexenprozesse angeprangert hatte. Jensen würdigte Spee als „großen Propheten der Humanität“, der entscheidend dazu beigetragen habe, die Exzesse zu überwinden. Prof. Gunther Franz, Vorsitzender der Friedrich-Spee-Gesellschaft, hob in seinem Grußwort angesichts der in zahlreichen Ländern weiter angewandten Folter die Aktualität der auch mit stilistischer Brillanz formulierten Thesen Spees hervor.

 
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