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23.03.2015 | Abschiedsfeier

Jensen sagte "Tschüss"

OB Klaus Jensen hält seine Abschiedsrede vor Bürgerinnen und Bürgern in den Viehmarktthermen.
Er sei dankbar für alle Erfahrungen, die er in seiner Amtszeit gemacht habe, sagte der in wenigen Tagen aus dem Amt scheidende OB Klaus Jensen bei seiner Abschiedsfeier in den Viehmarktthermen. Foto: Rolf Lorig

„Ich will heute Abend vor allen Dingen mit Ihnen ins Gespräch kommen“, sagte Jensen in seiner Rede, die für ihn eine ganz besondere war. „Ich habe in meinem Leben bestimmt 1000 Reden gehalten, aber heute bin ich richtig aufgeregt“, verriet er den etwa 400 Besuchern seiner Abschiedsfeier in der Viehmarkttherme und seiner Frau, Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Eines machte der 63-Jährige ganz deutlich: „Dies ist heute für mich ein Abschied vom Amt, aber kein Abschied von Trier. Ich bleibe hier!“ Applaus folgte. Folgerichtig stimmte der Musiker Achim Weinzen samt Band das Trier-Lied an, zu dessen Refrain der OB alle zum Mitsingen aufforderte. „Trier, ich leb so gerne hier, und Trier, wenn du einverstanden bist, dann bleib ich hier, denn ich fühl´ mich so unheimlich wohl in dir“, lauten die Zeilen, die Jensen und seine Frau sowie die Besucherinnen und Besucher mitsangen – und selten schienen Worte so passend.

Dankbar für alle Erfahrungen

„Ich kann mir nicht vorstellen“, erläuterte der scheidende OB, „dass es noch ein Amt gibt, das mit soviel Emotionen, Begegnungen und Schicksalen verbunden ist.“ Doch all dies – das Schöne aber auch das weniger Schöne – habe ihn bereichert. Zu den Erlebnissen, die ihn während seiner Zeit als OB froh gemacht hätten, zählte Jensen die Gesten der Dankbarkeit von Menschen, die Fortschritte, die es in der Stadt gegeben habe, die 1700 Menschen, die eingebürgert wurden, und die Begegnungen mit Staatsoberhäuptern und dem Papst. Auch „Situationen zum Schmunzeln“ hätten ihn positiv bereichert, sagte Jensen und erzählte die Anekdote des 80-Jährigen, der ihm die Tür aufmachte und sagte: „Warten Sie, meine Mutter kommt gleich.“

Klaus Jensen ließ aber auch nicht die Dinge aus, die ihn bedrücken. Etwa das Leid von Bürgern, denen es schlecht geht. Die Frau, die durch einen umgestürzten Baum ums Leben kam, das noch immer ungeklärte Schicksal der vermissten Tanja Gräff sowie der jüngst verübte Mord an Laura-Marie Klein. „In diesem Amt ballt sich alles Menschliche, im Guten wie im Schlechten“, sagte Jensen. Doch er sei dankbar für alle Erfahrungen, die er gemacht habe. Der scheidende OB nutzte die Gelegenheit auch, um Entschuldigung zu sagen, etwa jenen, denen er begegnet sei und die „vielleicht nicht die Achtsamkeit erfahren haben“, die sie verdient hätten.

Mehr Zeit für 91-jährige Mutter

Er sei froh darüber, so Jensen, das Trier „eine Stadt mit Menschen ist, die eine Kultur der Toleranz leben. Darauf können wir alle stolz sein.“

Für sein Leben nach der Zeit als Trierer Oberbürgermeister hat sich Jensen – wie er sagt – „drei Dinge vorgenommen“. „Ich will mein Leben entschleunigen, mehr Zeit für Malu und die Kinder haben. Auch für meine 91-jährige Mutter, die in Duisburg lebt. Alle sind zu kurz gekommen.“ Auf diese gemeinsame Zeit freue er sich. Ebenso freue er sich auf sein Amt als Honorarkonsul von Luxemburg, nicht ohne augenzwinkernd zu erwähnen, dass es trotz des Titels kein Honorar gebe. Mehr Zeit möchte er auch seiner Stiftung widmen, deren finanzielle Unterstützung er sich mehr wünsche, als Geschenke zum Abschied wie „einen Rollator oder eine Geflügelschere“. „Mit dem Geld“, informierte Jensen, „werden in Unruhegebieten Zentralafrikas Mediatoren ausgebildet“.

Wünsche an den Nachfolger

Für seinen Nachfolger Wolfram Leibe, der aufgrund eines anderen Termins nicht anwesend war, warb Jensen um Vertrauen und wünschte ihm „alles, alles Gute“. „Ich bin mir sicher, er wird ein guter OB sein.“

Zum Ende seiner Rede, die unter den tausend Reden vielleicht eine seiner wichtigsten war, sagte Klaus Jensen: „Ich sag jetzt Tschüss vom Amt, ich freue mich auf viele Begegnungen in anderen Zusammenhängen und blicken Sie auf die acht Jahre zurück und sagen, dass nicht alles schlecht war, was der gemacht hat, dann bin ich der glücklichste Mensch.“ Unter großem Applaus trat der scheidende OB vom Rednerpult, wischte sich eine Träne aus einem Auge und atmete tief durch. Klaus Jensen hat auf eine für ihn charakteristische Weise „Tschüss“ gesagt.

Den Abend in den Viehmarktthermen nutzten auch Klaus Jensens Ehefrau, Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Georg Kern, Präsident des Einzelhandelverbands (EHV) der Region Trier, Professor Dieter Sadowski, Präsident der Vereins Lokale Agenda 21 Trier und Rainer Lehnart, SPD-Stadtratsmitglied, um einige Worte an Jensen zu richten.

Wahlversprechen eingelöst

„Mit einem Politiker verheiratet zu sein, ist so spannend wie mit einer Politikerin verheiratet zu sein“, sagte Dreyer lächelnd. Es habe immer wieder „Herausforderungen“ gegeben, aber sie sei „immer total stolz“ auf ihren Mann gewesen. In Richtung des neuen OBs Wolfram Leibe sagte Dreyer mit einem Augenzwinkern: „Man muss nicht mit der Ministerpräsidentin verheiratet sein, um ein gutes Verhältnis zum Land zu haben.“ Als politische Leistungen ihres Mannes würdigte die Ministerpräsidentin unter anderem den Aufbau in Trier-West, den Gesundheitsstandort Trier und das stärker gewordene Bewusstsein für das Thema Nachhaltigkeit. Auch sei „am Klima, am Miteinander in der Stadt viel bewegt“ worden.

EHV-Präsident Georg Kern bescheinigte Jensen, sein Wahlversprechen für mehr Transparenz eingelöst zu haben und verwies auf die Bürgerplattform www.trier-mitgestalten.de. Jensen sei ein Mann der leisen Töne, der bewusst auf Polemik verzichte. Für den Handel sei er ein zuverlässiger und angenehmer Gesprächspartner gewesen, „wenn es auch mal zu Differenzen kam“, so Kern.

Agenda-Präsident Sadowski bescheinigte Jensen eine „enorme Leistung“. Die Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürgern sei besonders gut gewesen. Als politisches Projekt hob er den Entwicklungsplan für Trier-West hervor, der „bedeutend“ sei.

SPD-Stadtratsmitglied Rainer Lehnart würdigte Jensens politische Unabhängigkeit: „Er ließ sich vor keinen politischen Karren spannen, auch nicht vor einen roten.“ Er habe sich immer dem Wohl der Bürger verpflichtet.

Björn Gutheil