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20.02.2015 | Stadtmuseum Simeonstift

Ertasten und Hören

Karl Kohlhaas ertastet den Heiligen Paulus im Trebeta-Saal des Stadtmuseums.
Karl Kohlhaas ertastet den Heiligen Paulus im Stadtmuseum. Künftig werden einzelne Exponate für Blinde erfahrbar werden.
Blind ins Museum? Was zunächst paradox klingt, ist dank eines Pilotprojekts des Stadtmuseums Simeonstift mit der Hochschule Trier, kein Widerspruch mehr. Studierende des Seminars „Crossmedia“ des Fachbereichs Intermedia Design haben unter der Leitung von Dozent Christopher Ledwig ein Angebot entwickelt, welches blinden und sehbehinderten Besuchern einen Eindruck des Museums vermitteln will.

„Die ausgesuchten Exponate werden erweitert, so dass sie für Blinde und Sehbehinderte besser erfahrbar sind“, erläuterte Dozent Ledwig. Die Studenten setzen bereits einen Schritt vorher an, und haben für Blinde eine Orientierungshilfe konzipiert: Ein Tastmodell des Trebeta-Saals im Stadtmuseum, mit dem blinde Menschen durch Ertasten eine Vorstellung des Raums bekommen, in dem sich die Exponate befinden. Die Erweiterung der Ausstellungsstücke gestaltet sich dann auf verschiedene Weise. So kann etwa ein Bild ertastet werden. Möglich ist dies durch einen Reliefdruck mit erhabenenen Linien. Auch Geräusche haben die Studenten aufgenommen, um Gemälde über Kopfhörer für Blinde erfahrbar zu machen. Bei einem Werk, welches einen Menschen auf einem Boot zeigt, ist etwa das Wasser und das Knarren des Holzbootes zu hören.

Ein weiteres Exponat ist ein Tastmodell der Porta Nigra, welches die verschiedenen Bauphasen darstellen soll und in Kooperation mit dem Fachbereich Technik der Hochschule im 3D-Druckverfahren erstellt wird. In diesem Zusammenhang hob Ledwig den fächerübergreifenden Charakter des Projektes hervor. So werden auch historische Kleider, die im Stadtmuseum ausgestellt sind, mit dem Fachbereich Modedesign im Miniformat geschneidert, so dass sowohl Schnitt als auch Stoff ertastbar sind.

„Wir sind sehr froh, dass wir blinden Besuchern all dies anbieten können“, sagte Alexandra Orth vom Stadtmuseum. Die Realisierung ist im Laufe des Sommersemesters geplant. Um den Bedürfnissen der Zielgruppe gerecht zu werden, wurden zwei blinde Probanden, Karl Kohlhaas und Sabrina Knopp, einbezogen. „Ich finde das Projekt super“, lobte Kohlhaas und ergänzte: „Es bedeutet, dass ich spontan entscheiden kann, wann ich ins Museum gehe. Bei Gruppenführungen muss ich mich immer anmelden.“