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12.10.2014 | OB-Stichwahl

Hauchdünner Sieg für Wolfram Leibe

Gratulation von Hiltrud Zock
Wolfram Leibe nimmt die Glückwünsche seiner Mitbewerberin Hiltrud Zock entgegen, die noch bis zum vorletzten ausgezählten Stimmbezirk in Führung gelegen hatte.

Wolfram Leibe (SPD) wird ab April 2015 neuer Oberbürgermeister von Trier. Der 54-jährige Jurist setzte sich am Sonntag in der Stichwahl äußerst knapp gegen seine von der CDU nominierte parteilose Mitbewerberin Hiltrud Zock durch. Nach dem vorläufigen Endergebnis, das am Sonntagabend kurz nach 19 Uhr feststand, entfielen auf Leibe 50,2 Prozent der gültigen Stimmen, Zock kam entsprechend auf 49,8 Prozent. Im ersten Wahlgang am 28. September lag Zock mit 45,8 Prozent noch deutlich vor Leibe (36,3 %). In den zurückliegenden zwei Wochen ist es somit bei dem insgesamt sachlich und ohne große Turbulenzen geführten Wahlkampf doch noch zu einer erheblichen, von vielen nicht erwarteten Verschiebung des Stimmenpotentials gekommen. Die Wahlbeteiligung ist im Vergleich zur ersten Runde noch einmal auf jetzt 30,4 Prozent gesunken.

Der knappe Wahlausgang wird besonders deutlich bei einem Blick auf die absoluten Stimmenzahlen: Für Wolfram Leibe votierten 12.737 Wahlberechtigte, für Hiltrud Zock stimmten 12.626 Trierer.  Der Vorsprung des Wahlsiegers beträgt also nur 111 Stimmen. Leibe genügten Mehrheiten in sieben von 19 Ortsbezirken für den Sieg im Trierer Wahlkrimi, Zock lag in zwölf Stadtteilen vorn. Die Entscheidung fiel erst mit Bekanntgabe des Ergebnisses des letzten Briefwahl-Stimmbezirks und löste im Rathaus-Foyer  -  je nach Wahllagerzugehörigkeit -  blankes Entsetzen oder befreiende Jubelschreie aus. Über die Feststellung des endgültigen Wahlergebnisses entscheidet der Wahlausschuss am Mittwoch, 15. Oktober, 17 Uhr, im Rathaus, Trier-Zimmer.

Der 1960 im baden-württembergischen Grißheim geborene Wolfram Leibe war von 2008 bis 2012 Geschäftsführer der Trierer Arbeitsagentur. Momentan leitet er die Regionaldirektion Baden-Württemberg der Agentur für Arbeit in Stuttgart, hat jedoch seinen Hauptwohnsitz weiterhin in der Moselstadt. Am 1. April 2015 tritt er im Rathaus am Augustinerhof die Nachfolge von Klaus Jensen an und wird damit der neunte Oberbürgermeister in der Trierer Nachkriegsgeschichte. Die SPD stellt mit Leibe zum zweiten Mal in Folge das Stadtoberhaupt, das erst zum dritten Mal nach 1998 und 2006 per Direktwahl bestimmt wurde. Dabei war erstmals ein zweiter Wahlgang erforderlich. Der Oberbürgermeister ist zugleich Chef der Verwaltung, Vorsitzender des Stadtrats und Repräsentant der Stadt nach außen. Zusammen mit den drei Beigeordneten, gegenüber denen er nicht weisungsbefugt ist, bildet er den Stadtvorstand. Die Amtszeit beträgt acht Jahre.

Gespräche mit möglichst vielen Menschen

Er sei „einfach glücklich, dass sich sechs Monate intensiver Wahlkampf ausgezahlt haben“, sagte Leibe am Wahlabend. Es sei für ihn ein Gebot der Fairness, dass Klaus Jensen bis zum April kommenden Jahres der gewählte OB sei. „Wir brauchen keinen Schatten-Oberbürgermeister“, stellte das zukünftige Stadtoberhaupt klar. Gleichzeitig gehe es aber „natürlich auch darum, eingebunden zu sein, um sich strukturiert auf die Übernahme des Amtes vorbereiten zu können“. Leibe kündigte an, mit den Fraktionen Gespräche führen zu wollen und mit möglichst vielen Menschen nochmal zu überlegen, „wie wir weiterkommen in dieser Stadt“. Ein OB sei nur so stark wie der Stadtvorstand und der Stadtrat.

Hiltrud Zock gratulierte ihrem Gegenkandidaten zur gewonnenen Wahl und zeigte sich über ihre Niederlage „todtraurig“. „Ich hätte die Verantwortung gerne übernommen“, sagte die gebürtige Triererin. Sie werde jetzt „genauso weitermachen wie vorher auch und die Stadt unterstützen, wo es möglich ist“.

Triers amtierender OB Klaus Jensen kündigte an, er werde "nach und nach seinen Nachfolger in die Arbeit miteinbeziehen, so wie das mein Vorgänger bei mir auch gemacht hat. Das gehört sich so.“ Darüber hinaus werde er bis zum 31. März sein Amt voll engagiert wahrnehmen.

Die Minusrekorde bei der Wahlbeteiligung haben eine Debatte darüber entfacht, ob die aktuelle Form der Wahlen noch zeitgemäß ist. Aber auch die Wiedereinführung der OB-Wahl durch den Stadtrat wurde thematisiert. Fest steht, dass das Desinteresse an der Wahlbeteiligung der Legitimation des neuen Amtsinhabers nicht unbedingt förderlich ist. Die niedrigste Wahlbeteiligung verzeichneten Stimmbezirke in Trier-West und Nells Ländchen mit jeweils unter 13 Prozent. Die wahlfreudigsten Triererinnen und Trierer wohnen in Eitelsbach mit 57,4 und Kernscheid mit 50,3 Prozent.

So wie der Wahlkampf, verlief auch der Stichwahlsonntag bei diesmal wechselhaftem, am Spätnachmittag regnerischem Herbstwetter ruhig und ohne besondere Vorkommnisse. Knapp 600 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer sorgten in 72 Urnenwahllokalen für einen reibungslosen und ordnungsgemäßen Ablauf. Im Foyer des Rathauses verfolgten ab 18 Uhr zahlreiche Besucher mit Spannung die Präsentation der zügig eingehenden Auszählungsergebnisse, die von vielen tausend Benutzern auch im Live-Ticker des städtischen Onlineportals abgerufen wurden.

 
Bildergalerie
  • knapper Zwischenstand der Stimmenauszählung
  • Anspannung bei Wolfram Leibe
  • Jubel bei Wolfram Leibe
  • Gratulation von OB Jensen